Haushaltsrede der SPD-Fraktion 2022

Julian Künkele, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion

Zur Gemeinderatssitzung am 16.12.2021 veröffentlichte der Vorsitzende der Fraktion, Julian Künkele, die Haushaltsrede für die SPD-Fraktion. Wegen der Corona-Pandemie wurden die Haushaltsreden nicht verlesen. Die Haushaltsreden im Gemeinderat geben traditionsgemäß einen Überblick über die Schwerpunkte der Fraktionen für das neue Haushaltsjahr.

Rede zum Haushalt 2022

SPD Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Scharmann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Deißler,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

das zweite Jahr der Pandemie trifft den städtischen Haushalt deutlich stärker als noch das erste Jahr. Haben Bund und Land zu Beginn der Pandemie die finanziellen Ausfälle noch zu großen Teilen ausgeglichen, war das im Jahr 2021 nur noch in deutlich geringerem Maße der Fall. Die Einnahmensituation wird sich auch im kommenden Jahr 2022 nur geringfügig verbessern. Das spiegelt sich sehr deutlich im vorliegenden Haushaltsplanentwurf wider. Das Steueraufkommen bleibt weit hinter den Vorjahren zurück. Kommunen dürfen dennoch nicht den Fehler machen, jetzt die Investitionen zu stoppen. Ganz im Gegenteil tragen öffentliche Investitionen dazu bei, die konjunkturelle Abwärtsspirale zu unterbrechen. Auf der anderen Seite muss der Haushalt genehmigungsfähig bleiben. Der vorliegende Planentwurf meistert diesen Spagat aus unserer Sicht sehr gut.

Kinderbetreuung und Bildung

An dieser Stelle möchten wir Herrn Weingärtner und seinem Team einen Dank aussprechen. Trotz der schwierigen finanziellen Situation sind zahlreiche Investitionen vorgesehen. Wie in den letzten Jahren auch liegt ein besonderer Fokus auf Maßnahmen im Bereich der Kinderbetreuung und Bildung. Die Erweiterung der Grundschule Endersbach hat den städtischen Haushalt aus dem Lot gebracht und eine neue Priorisierung der Projekte erfordert. Es ist nicht möglich zwei Grundschulen parallel zu erweitern bzw. neu zu bauen. Da die Grundschule Endersbach absehbar zu klein ist hat ihre Erweiterung Priorität. Uns sind die Verhältnisse in der Grundschule Beutelsbach durchaus bewusst, aber alles andere, als heute schon klar zu sagen, dass der Neubau erst erfolgen kann, wenn Endersbach abgeschlossen ist, wäre unseriös und unfair den Eltern und Schülern gegenüber. Nach wie vor sind wir der Ansicht, dass der Neubau der Grundschule am heutigen Standort mitten im Ort erfolgen soll. Pädagogische Gründe müssen hier höher gewichtet sein, als ökonomische Überlegungen. Mit einer Grundschule im Ort sind die Wege kürzer, die Schüler erhalten eine ganz andere Bindung zu ihrem Heimatort und ihrer Umwelt. Zentralisierung mag in vielen Bereichen der richtige Weg sein. Im Bereich der Grundschulbildung ist das ein Irrweg.

Parallel dazu kann dank des Digitalpakts großzügig in die digitale Infrastruktur an den Schulen investiert werden. Wichtig bleibt hierbei, dass die Schulen weiterhin die Möglichkeit haben, über den Einsatz der finanziellen Mittel selbst zu entscheiden. Nur so ist gewährleistet, dass pädagogisches Konzept und digitale Ausstattung harmonieren.

Stadtwerke

Bleiben wir beim Thema digitale Infrastruktur: Die Stadtwerke erweitern ein weiteres Mal ihr
Geschäftsfeld um einen neuen Zweig und werden ab dem nächsten Jahr auch in großem Maße in den Breitbandausbau einsteigen. Ausgehend von den Teilorten Strümpfelbach und Schnait sollen in den nächsten Jahren große Teile Weinstadts mir Breitbandanschlüssen ausgestattet werden. Die Kapitalerhöhung für die Stadtwerke ist gute angelegtes Geld. Auch im kommenden Jahr sind die Stadtwerke mit Geschäftsführer Thomas Meier innovativer Motor für Weinstadt.

Das Rems-Ufer in Großheppach

Bürgerpark Grüne Mitte

Baumaßnahmen

Endlich beginnt im nächsten Jahr auch die Baumaßnahme Regenrückhaltebecken Schachen in Strümpfelbach. Nachdem Planung und Genehmigung Jahre in Anspruch genommen hatte, kann dieses Projekt zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger von Strümpfelbach endlich gestartet werden – mit großer finanzieller Unterstützung vom Land in Höhe von 4 Millionen Euro.

In den Ortskernen von Beutelsbach und Endersbach sind ebenfalls Millioneninvestitionen vorgesehen. Der Neubau der Stadtbücherei und die Neugestaltung der Ulrichstraße in diesem Bereich wird dazu beitragen, dass die Ortsmitte Beutelsbach belebt wird. Nach vielen Schwierigkeiten freuen wir uns, dass der Bau nächstes Jahr endlich gestartet werden kann.

In Endersbach wird im Rahmen eines Landessanierungsprogramms die Einkaufsstraße neugestaltet und fit für die Zukunft gemacht. Wir sind davon überzeugt, dass es gelingen wird, eine lebendige Ortsmitte zu schaffen, mit ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer, sowie Orten zum Verweilen, die langfristig gegen den Druck des Online-Handels bestehen kann.

Bezahlbares Wohnen

Wie in den letzten Jahren auch möchte ich in dieser Haushaltsrede einen Schwerpunkt auf das Thema bezahlbares Wohnen legen. Die Pandemie hat den Anstieg der Mieten nicht verhindert. Dazu kommt, dass gerade Geringverdiener in den letzten beiden Jahren Gehaltseinbußen durch die Auswirkungen der Pandemie haben hinnehmen müssen. Die aktuell stark steigenden Kosten für Lebensmittel und Energie treffen erneut gerade die Geringverdiener. Die soziale Ungleichheit wird durch die Pandemie vergrößert. In den letzten Jahren hat unsere Fraktion immer wieder darauf hingewiesen, dass die Frage des bezahlbaren Wohnens, die entscheidende Herausforderung der aktuellen Zeit ist. Die Pandemie hat diese Aussage noch einmal unterstrichen. Weinstadt gehört seit Jahren zu den Städten mit höchsten Mieten. Es ist heute schon Realität, dass sich einige ein Leben in Weinstadt nicht mehr leisten können. Weinstadt kann dieses Problem nicht alleine lösen, aber uns kommt hier als Stadt eine besondere Verantwortung zu. Die Planungshoheit liegt bei den Kommunen. Das Baulandentwicklungsmodell von 2013 (kein neues Wohngebiet, bevor alle Flächen in der Hand der Stadt sind), das Handlungsprogramm Wohnen von 2019 mit der Sozialquote für Investoren und das Folgekostenmodell von 2021, das Investoren an den Folgekosten eines Wohnbauprojekts beteiligt, zeigen, dass Weinstadt das Thema ernst nimmt. Mit diesen Modellen geht Weinstadt nicht den einfachen Weg, sondern nimmt auch Kontroversen in Kauf. Aber es wird seiner Verantwortung gerecht, die mit der kommunalen Planungshoheit einher geht. An der Grundstruktur dieser Modelle darf nicht gerüttelt werden. Weiterhin muss der Fokus darauf liegen, dass neue Wohnungen entstehen, damit Angebot und Nachfrage wieder zueinander finden. Neue Baugebiete wie Halde V und Furchgasse sind Ausnahmen. Der Fokus muss auf Nachverdichtung im Rahmen der bestehenden Bebauung liegen. Gleichzeitig müssen sozial geförderte Wohnungen entstehen. Ein städtischer Eigenbetrieb „Wohnraumförderung“ war unsere Antwort darauf, wie es gelingen kann, den Bestand an sozial geförderten Wohnungen stetig zu vergrößern. Nachdem unser Antrag keine Mehrheit gefunden hatte, werden wir in Zukunft weiterhin auf externe Bauträger wie zum Beispiel die Kreisbaugesellschaft angewiesen sein. Mit ihrer Hilfe müssen weiterhin sozial geförderte Wohnungen entstehen. Die Grundstücke bleiben dabei in der Hand der Stadt und werden nicht verkauft. Das ist nachhaltige Bodenpolitik.

Personalkosten

Einmal mehr steigen die laufenden Ausgaben mehr als die laufenden Einnahmen. Diese Entwicklung stellt den städtischen Haushalt Jahr für Jahr vor größere Probleme. Die Personalkosten steigen immer weiter. Hier fallen vor allem die Personalkostenmehrungen im Bereich der Kinderbetreuung auf. Der Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz ist richtig. Aber die Kommunen benötigen dafür auch die entsprechende finanzielle Ausstattung. Der kommende Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung an Grundschulen ab 2025 macht wenig Hoffnung, dass es in diesem Fall anders läuft. Auch bei steigenden Personalaufwendungen darf nicht der Fehler gemacht werden, potentielle neue Stellen nur danach zu beurteilen, ob diese Stellen Geld für die Stadt einbringen oder nicht. Das ist in den vergangenen Diskussionen oft genug geschehen. Eine Kommune muss mehr als das leisten. Gerade der soziale und kulturelle Bereich ist strukturell defizitär. Aber es sind genau die Bereiche, die dafür sorgen, dass diejenigen Unterstützung bekommen, die darauf angewiesen sind und die eine Stadt lebenswert machen.

Gewerbesteuer

Wenn man auf der Ausgabenseite nur begrenzt Spielraum hat, müssen alle Stellschrauben auf der Einnahmenseite angeschaut werden. Die größte Stellschraube, die wir in Weinstadt haben, ist die Gewerbesteuer. Nur durch die Ansiedlung von hochwertigem Gewerbe kann hier langfristig gegengesteuert werden. Wir freuen uns, dass nach hohen Investitionen nun endlich die ersten Unternehmen in das neu gestaltete Birkel-Areal einziehen.

Da die Gewerbeflächen in Weinstadt knapp sind und die Ausweisung neuer Gewerbeflächen zu oft an den schwierigen Grundstücksituationen scheitert, ist es umso wichtiger, dass bestehende Gewerbeflächen aufgewertet werden. Wir beantragen daher ein Bebauungsplanverfahren für das Gewerbegebiet Siemensstraße/Heinkelstraße [Anmerkung: Der Gemeinderat hat dem Antrag am 16.12.2021 einhellig zugestimmt.]. Grundsätzlich erfüllt das Gebiet alle Voraussetzungen für ein hochwertiges Gewerbegebiet. Allerdings existiert für das Gebiet im südlichen Bereich noch nicht mal ein Bebauungsplan. Der nördliche Bereich existiert nur sehr unspezifischen Planungsrecht. Dadurch setzt über Nutzungsänderungen hinweg ein schleichender Prozess ein, der immer mehr Potentiale ungenutzt lässt. Der neue Bebauungsplan soll die vorhandenen hochwertigen Betriebe in ihrer Entwicklung unterstützen, die Flächeneffizienz steigern und qualitativ hochwertige Betriebe aus den Bereichen des produzierenden, Handwerks- und Dienstleistungsgewerbe anziehen. So soll das Gebiet zukunftsfähig gemacht werden. Für die weiteren Details verweisen wir auf unser Antragspapier.

Klimaschutz

Im Bereich des Klimaschutzes sind vor zwei Monaten wegweisende Entscheidungen getroffen worden – die Stelle eines Klimaschutzmanagers und die Aufstellung eines Klimaschutzkonzepts. Der Klimawandel und die Gegenmaßnahmen werden unsere Gesellschaft in den kommenden Jahren sehr stark beschäftigen. Auch wenn Klimaschutzmaßnahmen in Weinstadt alleine keine Auswirkungen haben werden, müssen wir dennoch unsere Hausaufgaben machen. Klimaschutz ist eine Bündelung von vielen kleinen und großen Maßnahmen auf lokaler und globaler Ebene. Gerade wenn das Geld knapp ist, müssen die potentiellen Maßnahmen nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip abgewogen werden. Die Maßnahmen mit dem größten CO2-Potential müssen identifiziert werden. Die Debatte muss offen und frei von Ideologien und Totschlagargumenten geführt werden. In Weinstadt hat sich ein professionell aufgestelltes Klimabündnis gefunden. Da Klimaschutz eine  gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, wäre es falsch das Angebot zur Zusammenarbeit auszuschlagen. Wir freuen uns auf einen konstruktiven und sicher oft auch kontroversen Austausch.

Straßenbeleuchtung

In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass wir auf unseren traditionellen Antrag zur Erhöhung der Mittel zur Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED in diesem Jahr bewusst verzichtet haben. Seit Jahren wird seitens der Stadtverwaltung darauf verwiesen, dass ein potentielles Contracting-Modell unwirtschaftlicher ist, je mehr Beleuchtung bereits auf LED umgestellt ist – lediglich das Contracting-Modell ließ auf sich warten. Wir freuen uns, dass zu Beginn des Jahres 2022 ein Grundsatzbeschluss angekündigt ist, damit dieses Thema endlich von der Tagesordnung ist. Die Umrüstung ist sowohl aus finanzieller, aber vor allem aus ökologischer Sicht sinnvoll. Weitere Beleuchtungen, in erster Linie an den Sportplätzen und dem Stadion sollten zeitnah folgen.

Remstalkellerei

Die Transformation der Remstalkellerei und ihre Neuausrichtung in dieser schwierigen Phase möchten wir so gut unterstützen, wie es nur geht. Der genossenschaftliche Weinbau gehört zu Weinstadt. Wir sehen unsere Aufgabe darin, eine möglichst schnelle Bebauung des Areals in der Kaiserstraße und Nordhaldenstraße zu ermöglichen. Wir sind optimistisch, dass es hier gelingen wird, die Interessen der Remstalkellerei und der Stadt unter einen Hut zu bringen.

Vereine und Sport

Zwei Jahre Pandemie inklusive vielen Einschränkungen bei Training und Wettkampf, Proben und Auftritten, sowie weiteren Angeboten geht an den Weinstädter Vereinen nicht spurlos vorüber. An dieser Stelle möchten wir uns bei den vielen Ehrenamtlichen bedanken. Die Weinstädter Vereine bilden das Rückgrat der Stadtgesellschaft. Im kommenden Jahr werden die nächsten Hürden zur Erstellung eines neuen Hallenbads, gebaut und betrieben durch die Stadtwerke Weinstadt, genommen. Die berühmt-berüchtigte Weinstädter Hallenbad-Debatte kommt damit zu einem guten Ende. Selbstverständlich müssen hier die Vereine bestens eingebunden werden. Auch ein Ersatz für das Kleinspielfeld sowie die Neugestaltung der Verkehrsführung, eben nicht über die Pestalozzistraße, sind elementarer Bestandteil der weiteren Planungen.

Verkehr

Im Rahmen des integrierten Mobilitätsentwicklungsplan werden Potentiale und mögliche Entwicklungen im Bereich des Verkehrs beleuchtet. Vor allem im Bereich des Radverkehrs gibt es Einiges aufzuholen. Die Initiative des Landkreises, einen Radschnellweg zwischen Schorndorf und Stuttgart einzurichten, ist gut gestartet. Seit einigen Monaten scheint es jedoch nur schleppend weiterzugehen, zumindest erreichen nur sehr wenige Informationen den Gemeinderat. Bei diesem bedeutsamen Projekt für das untere Remstal und Weinstadt ist es elementar wichtig, dass auch der Weinstädter Gemeinderat eingebunden ist und die Möglichkeit hat, mitzugestalten. Es ist zu beachten, dass der Radschnellweg nicht nur für jene einen Vorteil bringt, die mit dem Fahrrad durch Weinstadt durchwollen, sondern auch für Radfahrerinnen und Radfahrer aus Weinstadt selbst. Als Stadt werden wir vor allem dann von dieser neuen Verbindung profitieren, wenn wir es schaffen, unser Radverkehrsnetz bestmöglich an die neue Trasse anzubinden. Der Anfang dafür muss mit der Neugestaltung der Strümpfelbacher Straße gelingen. Nur ein attraktives Radverkehrsnetz kann dazu beitragen, den Autoverkehr langfristig zur reduzieren.

Danke

Bedanken möchten wir uns beim aktuellen Jugendgemeinderat, der sehr präsent ist, seine Ideen einbringt und vertritt und viel bewegt hat. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit im nächsten Jahr.

Ebenfalls möchten wir uns bei der Stadtverwaltung, den Stadtwerken und den anderen Gemeinderatsfraktionen für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

Julian Künkele

Ortsverein Weinstadt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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