Julian Künkele, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion
Rede zum Haushalt 2019
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In der Gemeinderatssitzung zum Haushalt 2019 hielt der Vorsitzende der Fraktion, Julian Künkele, die Haushaltsrede für die SPD-Fraktion. Die Haushaltsreden im Gemeinderat geben traditionsgemäß einen Überblick über die Schwerpunkte der Fraktionen für das neue Haushaltsjahr.
Kommunalpolitik ist die Politik, die man sehen kann. Die getroffenen Entscheidungen sind konkret. Die Ergebnisse dieser Entscheidungen kann man oft schon bereits nach kurzer Zeit beim Gang durch die Stadt erkennen.
Kommunalpolitik ist nicht ohne Streit. Streit gehört oft dazu auf dem Weg zu einer zentralen Entscheidung. Doch dieser Streit sollte ehrlich geführt werden – gerade in er Kommunalpolitik. Ideologien, Dogmen aber auch Populismus und gespielte Inszenierungen haben in der Kommunalpolitik nichts verloren. In Weinstadt hat das die letzten viereinhalb Jahre gut funktioniert. Und ich rufe dazu auf, davon nicht abzuweichen, auch wenn im Mai die nächsten Kommunalwahlen anstehen.
Die Bürgerinnen und Bürger von Weinstadt haben eine ehrliche Kommunalpolitik verdient.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Scharmann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Deißler,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Jahr 2019 wird ein Jahr werden, auf das man in der näheren Zukunft Weinstadts noch oft zurückblicken wird. Nicht nur die Gartenschau, die die Diskussionen der letzten Jahre dominierte, wird dieses Jahr stattfinden, sondern auch die Aufsiedlung des neuen, großen Wohngebiets Halde V. Darüber hinaus hat der Gemeinderat vor zwei Wochen einen wegweisenden Beschluss gefasst und ein umfassendes Weinstädter Wohnmodell mit einer verbindlichen Sozialquote beschlossen.
Doch der Reihe nach. Viele Jahre lang wurde geplant. Aktuell wird das Geplante gebaut. Im Mai wird die Remstal-Gartenschau eröffnet. Nicht selten ist aus der Bürgerschaft zu hören, vor lauter Gartenschauprojekten sei für andere Dinge kein Geld mehr übrig. Alles werde der Gartenschau untergeordnet. Ja, es gab wohl in den letzten Jahren kaum eine Sitzung, in der es nicht um mindestens ein Gartenschauprojekt gegangen ist. Und richtig ist auch, dass Millionenbeträge in die Gartenschau investiert werden.
Doch die Remstal-Gartenschau wurde in Weinstadt als Chance begriffen. Als eine Möglichkeit Projekte umzusetzen, die sonst wahrscheinlich nie gekommen wären. So ist der Remstal-Radweg zum Beispiel ein interkommunales Projekt, das in Zukunft viel Freude bereiten wird.
Aber auch die die Aussichtsplattform „Luitenbächer Höhe“ zeigt mit der großen Resonanz, dass solche Treffpunkte bei der Jugend wie bei Älteren in Weinstadt stark nachgefragt werden. Weitere dieser qualitativ hochwertigen Treffpunkte und Veranstaltungsorte entstehen im Tal und auf den Höhen.
Wir freuen uns auf die Veranstaltungen und sind davon überzeugt, dass die Gartenschau Weinstadt nachhaltig zum Positiven verändern wird.
Das Thema „Wohnen“ und insbesondere „bezahlbares Wohnen“ ist die entscheidende Herausforderung in der aktuellen Zeit. Zu lange wurde diese Frage den einfachen Regeln des Marktes überlassen. Das knappe Angebot in unserer Region, ließ die Miet- und Kaufpreise für Immobilien in Bereiche steigen, dass selbst das, was landläufig als Mittelschicht bezeichnet wird, vor großen Herausforderungen steht. Von denen, die weniger Einkommen haben, ganz zu schweigen. Über Jahre hinweg haben wir das schon angeprangert.
Weinstadt hat reagiert. Durch das Ausweisen neuer Baugebiete, durch verdichteteres Bauen, konsequente Nachverdichtung aber auch durch das Bereitstellen von sozial gefördertem Wohnraum im Bereich der Halde IV werden in Weinstadt entscheidende Weichen gestellt.
Was aber nicht sein darf ist, dass bezahlbarer Wohnraum nur durch den städtischen Haushalt und somit durch Steuermittel finanziert wird, während auf der anderen Seite die Investoren sich hier aus der Verantwortung nehmen. Wir müssen uns hier als Stadt nicht verstecken. Und daher ist es richtig, dass vor zwei Wochen eine verbindliche Sozialquote von 25% für alle Bauprojekte ab einer Wohnfläche von 500 m² beschlossen wurde. Die Stadt ist hiermit nicht aus der Pflicht. Aber damit ist ein großer Schritt getan und neben Steuermitteln wird auch privates Kapital eingesetzt.
Auch im Bereich des Wohnens für Senioren besteht in Weinstadt Handlungsbedarf. Das heutige Cabrio-Areal eignet sich ideal, um dort preisgünstige und barrierefreie Wohnungen für Senioren entstehen zu lassen. In direkter Nähe zum Otto-Mühlschlegel-Haus könnten hier Synergien genutzt werden.
Die Debatte um das neue Feuerwehrgerätehaus, das die beiden Gerätehäuser in Beutelsbach und Endersbach ersetzen soll, ist gerade in den letzten Wochen wieder hochgekocht. Auch wir stehen, wie alle Fraktionen im Gemeinderat, zu dem geplanten Neubau an zentraler Stelle. Ob der Grundstückserwerb über eingestellte Haushaltsmittel getätigt wird oder über einen Nachtragshaushalt, wie ursprünglich mal vereinbart, spielt keine Rolle. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass allein das Einstellen von Mitteln nicht zu einem neuen Feuerwehrgerätehaus führt. So ehrlich muss man den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr gegenüber auch sein. Das favorisierte Grundstück hat seine Probleme. Sobald die Ergebnisse der Untersuchung des Grundstücks vorliegen, müssen die weiteren Schritte diskutiert werden – und das, mit dem Verweis auf meine Eingangsworte, auf der sachlichen Ebene.
Beim Thema Verkehr ist, um es positiv zu formulieren, großes Potential vorhanden. Da sind die täglichen Staus zum Beispiel auf der Stuttgarter oder Strümpfelbacher Straße zum Leidwesen von Anwohnern und Einzelhandel. Da sind die Parkprobleme in den Ortszentren. Da sind aber auch gefährliche Kreuzungsverkehre zwischen Autos, Radfahrern und Fußgängern oder ganz einfach mangelnde Radwege. Auch mit Blick auf unsere ökologische Verantwortung als Kommune, muss ein Umdenken einsetzen. Ganz am Anfang steht die Erkenntnis, dass es die einfache Lösung nicht gibt. Nach dem Leitspruch „Wer Straßen baut, der bekommt Verkehr“ kann die Antwort nicht lauten, mehr und größere Straßen zu bauen. Die Antwort besteht vielmehr aus einem Bündel an vielen kleinen Maßnahmen, die die Alternativen zum Auto attraktiveren und gleichzeitig zu gleichberechtigten Verkehrsteilnehmern zu machen.
Weinstadt ist mit drei Bahnhöfen sehr gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen. Innerhalb der Stadt fristet der ÖPNV allerdings ein Schattendasein. Zum einen ist es kaum möglich mit den Öffentlichen beispielsweise von Strümpfelbach nach Großheppach zu kommen. Für Jugendliche ohne Führerschein oder auch Senioren stellt das ein Problem dar. Zum anderen ist der ÖPNV durch die Zonengrenzen innerhalb Weinstadts unverhältnismäßig teuer. 2,50 Euro für eine Fahrt von Schnait ans Bildungszentrum – das ist zu viel. Der Bus stellt hier somit keine echte Alternative dar.
Wir beantragen daher die Einführung eines Weinstadt-Tickets, um die Fahrten innerhalb Weinstadts günstiger zu machen. [Das Vierer-Ticket sollte von 9,50 Euro auf 7,50 Euro, für Kinder von 4,90 Euro auf 3,50 Euro verbilligt werden. Die Stadtverwaltung soll Verhandlungen mit dem VVS für einen günstigen Stadttarif für Bus und Bahn aufnehmen.] Viele Städte im VVS-Gebiet bieten so etwas, teilweise schon seit vielen Jahren, an. Von daher können wir die ablehnende Haltung der Verwaltung an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Ein verbesserter ÖPNV kommt nicht von allein.
Auch ein attraktives Radverkehrsnetz kann dazu beitragen, den Autoverkehr zu reduzieren. Hier geht es nicht um Fußwege, auf denen auch das Radfahren erlaubt ist, sondern um eigene Trassen oder, wo nicht möglich, zumindest eigene Fahrspuren für Fahrräder. Im Bereich der Schorndorfer Straße gibt es bereits ein fertig ausgearbeitetes Radverkehrskonzept. Es gilt jetzt, die einzelnen Maßnahmen mit Zahlen zu hinterlegen und nach und nach abzuarbeiten. Wenn die Ortsmitte Endersbach hoffentlich in das Landessanierungsprogramm aufgenommen wird, muss auch hier, neben der Umgestaltung der Einkaufsstraße, ein starker Fokus auf den Radverkehr gelegt werden. Darüber hinaus besteht jetzt die Chance, die aktuell sehr intensive Vernetzung mit den Nachbarkommunen zu nutzen und den Bau eines Radschnellwegs durch das Remstal in Richtung Stuttgart voranzutreiben.
Im Bereich der Kindertagesstätten wird in Weinstadt viel investiert. Mit dem neuen Kinderhaus Irisweg wird das Angebot weiter ausgebaut und auch auf den gestiegenen Bedarf durch die Halde V reagiert. Zu begrüßen ist auch, dass die Landeszuweisungen für die Ü3-Betreuung gestiegen sind – jedoch weit weniger, als im Gegenzug auch die Aufwendungen für die Stadt. Mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ von Bundesfamilienministern Franziska Giffey wäre eine kostenlose Regelbetreuung möglich gewesen. Mit einem kostenfreien letzten Kindergartenjahr hätten begonnen werden können. Schade, dass die Landesregierung diese Chance verpasst hat.
Im Haushaltsplanentwurf sind knapp 60.000 Euro für die Digitalisierung an Schulen ausgewiesen. Wenn man das Thema wirklich vorantreiben möchte, müssten dort ganz andere Beträge stehen. Daher ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass von der Bundesregierung 5 Mrd. Euro im Rahmen des „Digitalpakts“ angekündigt sind. Sollte der „Digitalpakt“ am Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern scheitern, wäre das den Bürgern schwer zu vermitteln.
Die Erweiterung der Grundschule Endersbach und der Neubau in Beutelsbach sind zwei Projekte aus dem Schulentwicklungsplan, die 2019 anlaufen und die wir ausdrücklich unterstützen. Neben den Investitionen in die bauliche Substanz, die zweifelsfrei notwendig sind, gibt es auch andere Aufgaben, die eine Kommune an den Schulen zu erfüllen hat.
Wir beantragen die Einrichtung einer 50% Stelle für die Schulsozialarbeit. Der Bedarf ist vorhanden. Zumal verwaltungsintern für 2019 bereits eine 100% Stelle beantragt war, letztendlich aber gestrichen wurde. Die Verwaltung empfiehlt unseren Antrag abzulehnen und begründet dies damit, dass einzelne Schulen nicht isoliert betrachtet werden sollen. Das halten wir für vorgeschoben. Selbstverständlich kann man diese Stelle auch allgemein am Bildungszentrum verorten und dort würde sie wirksam werden, wo der Bedarf am größten ist. Eine Ablehnung des Antrags mit uns vorliegender Begründung ist bürokratisch und falsch.
Ebenso wenig ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum im Haushalt 2018 die Mittel zur Verbesserung der Geh- und Feldwege noch separat ausgewiesen werden, in diesem Jahr auf einmal ein allgemeiner Haushaltsposten zur Straßenunterhaltung genügen soll.
Bei der Vermarktung des Birkel-Areals schlagen wir vor, dort gezielt Unternehmen aus der Medizin- oder Elektrotechnik anzusiedeln. Langfristig kann Weinstadt durch die konsequente Einrichtung eines solchen Clusters nur profitieren. Das Thema Wirtschaftsförderung sollte im Gemeinderat diskutiert werden.
In fast schon guter Tradition beantragen wir auch die Erhöhung des Etats für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED. Das ist ökologisch sinnvoll. Das ist ökonomisch sinnvoll. Das wird gefördert. Und wir haben hier noch einen langen Weg vor uns.
Zum Stichwort investieren, um langfristig bei den laufenden Kosten zu sparen, gehört auch das Thema Rathausneubau. Auch wenn die Verlängerung des Mietvertrags kurzfristig Luft verschafft hat, darf das Thema nicht aus den Augen verloren werden.
Wir begrüßen, dass im Haushalt eine erste Rate für das Hochwasserrückhaltebecken Schachen eingesetzt ist, und hoffen, dass die Genehmigung vom Landratsamt bald kommt und mit dem Bau begonnen werden kann. Ebenso begrüßen wir die aktuellen Untersuchungen der Verwaltung für ein neues Hallenbad am Bildungszentrum. Um das entscheiden zu können, ist es wichtig zu wissen, über welche Beträge geredet wird – und das nicht erst, wenn das Stiftsbad schon geschlossen ist.
Bedanken möchten wir uns beim aktuellen Jugendgemeinderat, der von der ersten Sitzung an sehr präsent und aktiv war. Für die anstehenden Wahlen wünschen wir uns eine hohe Wahlbeteiligung und danach eine weiterhin gute Zusammenarbeit.
Abschließend möchten wir uns noch bei Herrn Oberbürgermeister Scharmann und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die sehr gute Zusammenarbeit bedanken.
Julian Künkele
Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion