Haushaltsrede der SPD-Fraktion 2020

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Julian Künkele, Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion

In der Gemeinderatssitzung am 12.12.2019 hielt der Vorsitzende der Fraktion, Julian Künkele, die Haushaltsrede für die SPD-Fraktion. Die Haushaltsreden im Gemeinderat geben traditionsgemäß einen Überblick über die Schwerpunkte der Fraktionen für das neue Haushaltsjahr.

Rede zum Haushalt 2020

SPD Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Scharmann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Deißler,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch 2019 war, trotz der vielbeschworenen aufziehenden Krise, ein weiteres gutes Jahr. Der laufende Betrieb im vorliegenden Haushaltsplanentwurf weist jedoch nur gerade so ein positives Ergebnis auf. Die gesetzliche Vorgabe ist damit erfüllt. Letztendlich war das möglich, weil die Schlüsselzuweisungen des Landes deutlich höher ausfallen, als zunächst angenommen und die Kreisumlage für das Jahr 2020 gesenkt wurde. Noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen könnte man sagen. Abhaken und Weitermachen? Das kann nicht die Devise sein. Es ist davon auszugehen, dass nach den vielen guten Jahren auch wieder ein wirtschaftlicher Abschwung folgt.

Der beunruhigende Trend, dass die Erträge im laufenden Betrieb in deutlich geringerem Maße steigen als die Aufwendungen, setzt sich auch 2020 fort.

Kurzfristig gesehen bleibt nur, die laufenden Aufwendungen genau zu hinterfragen. Da hier gerade die Personalkosten in besonderem Maße steigen, über zwei Millionen Euro bzw. 10 Prozent, lohnt es sich genauer hinzuschauen. Neu geschaffene Stellen werden sich in den kommenden Jahren sockelwirksam auf die laufenden Aufwendungen niederschlagen. In diesen Zusammenhang fällt auch unser Ansinnen, das Parkmanagement für die neugeschaffene Grüne Mitte zunächst mit einer 50%-Stelle zu versuchen. Andere Personalausgaben folgen direkt aus Entscheidungen bzw. der Entscheidungslinie des Gemeinderats. Hierunter fallen die zusätzlichen Personalkosten von einer Million Euro für das neue Kinderhaus Irisweg. Dies wird insbesondere notwendig, da in großem Stil neuer Wohnraum geschaffen wird. Allein die Kita Irisweg lässt die Personalkosten der gesamten Stadt im Vergleich zu 2019 um knapp 5% ansteigen.

Auch steigende Herausforderungen durch gesetzliche Vorgaben, Digitalisierung, Anfragen aus der Bürgerschaft oder Anliegen aus dem Gemeinderat erfordern zusätzliche Stellen. Es kann nicht immer mehr von der Verwaltung verlangt werden ohne, dass ihr auch das notwendige Personal zur Verfügung gestellt wird.

Mittelfristig müssen aber auch die Einnahmen wieder mit den Ausgaben Schritt halten. Das größte Potential in Weinstadt bietet wohl die Gewerbesteuer. Große Hoffnung setzen wir hier auf das Birkel-Areal, das jetzt nach vielen Jahren der Investitionen endlich in der Vermarktung ist. Auch den vorgeschlagenen Weg der Verwaltung, bestehende Gewerbegebiete durch Bebauungsplanänderungen aufzuwerten, tragen wir mit. Letztendlich ist die Ansiedlung von hochwertigem Gewerbe, die einzige Möglichkeit in großem Stil an der Einnahmenseite Verbesserungen zu erwirken und gleichzeitig Arbeitsplätze in Weinstadt zu schaffen. Wo wollen wir als Wirtschaftsstandort Weinstadt in den nächsten Jahren hin? Wie siedeln wir in Weinstadt hochwertiges Gewerbe an? Diese Fragen sollten beispielsweise unter der Überschrift „Wirtschaftsstandort Weinstadt 2030“ im Gemeinderat beraten werden.

Mit Blick auf die angespannte Finanzlage haben wir uns dieses Jahr mit Haushaltsanträgen zurückgehalten. In guter Tradition stellen wir allerdings den Antrag, bei der Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED den vorgesehenen Betrag um 100.000 Euro auf insgesamt 250.000 Euro zu erhöhen. Das dient dem Klimaschutz und das dient aber auch der städtischen Finanzen. Die laufenden Kosten werden gesenkt und die Umrüstung wird vom Bund gefördert.

Wir freuen uns, dass im Haushaltsentwurf eine neue Stelle für die Schulsozialarbeit enthalten ist. Diese hatten wir bereits für den letzten Haushalt beantragt. Damals wurde unser Antrag noch abgelehnt. Selbstverständlich handelt es sich hier um eine freiwillige Leistung ohne Gegenfinanzierung, aber es handelt sich um eine Leistung, die unserer Gesellschaft nachhaltig helfen wird. Umso bedenklicher, dass die Landesförderung lange auf der Kippe stand. Das ist auch eine Frage von Planungssicherheit für die Kommunen. Schade auch, dass die Förderung, die ursprünglich mal ein Drittel der Kosten getragen hatte, eingefroren bleibt und längst nicht mehr ein Drittel abdeckt. Auch der Wegfall des Integrationslastenausgleichs von 90.000 Euro vom Land reiht sich ein die Liste von Aufgaben ein, die von Bund und Land auf die Kommunen übertragen werden, ohne mit den nötigen finanziellen Mitteln unterfüttert zu werden. Ganz vorne dabei ist hier auch die Kinderbetreuung. So richtig wir auch den Rechtsanspruch für einen Betreuungsplatz finden, so kritisieren wir auf der anderen Seite, dass die laufenden Kosten für die Kinderbetreuung in erster Linie bei den Kommunen liegen und immer weiter steigen.

Bei den Haushaltsberatungen für 2020 kommt man auch nicht umhin, einen Blick auf das vergangene Jahr zur richten. Das Jahr der Remstal-Gartenschau. Trotz aller Kritik im Vorfeld, die bei einer Gartenschau wohl dazugehört, hat der vergangene Sommer gezeigt, dass die neu geschaffenen Treffpunkte und Veranstaltungsflächen toll angenommen wurden und durchaus den Bedarf getroffen haben. Hier wurden bleibende Werte geschaffen, die zukünftig zur Identität von Weinstadt dazugehören werden. Die Veranstaltungen selbst wären ohne die Ehrenamtlichen nicht möglich gewesen. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um Danke zu sagen. Was hier in Weinstadt auf die Beine gestellt wurde, war ein echter Erfolg. Auf den Sommer 2019 können wir in Weinstadt mit Stolz zurückblicken. Jetzt gilt es, den Schwung aus dem Gartenschaujahr mitzunehmen und die Veranstaltungen weiterzuführen, die im Gartenschaujahr erfolgreich waren.

Auch nach der Gartenschau bleiben die Investitionen hoch. Gerade in Schulen und Kindergärten wird in den kommenden Jahren in besonderem Maße investiert. Mit dem Kinderhaus Irisweg wird eine vollständig neue Einrichtung geschaffen. Die Erweiterung der Grundschule Endersbach steht kurz bevor. Und auch für die Grundschule Beutelsbach schreiten die Planungen voran. Hier muss ein Konzept ausgearbeitet werden, das den nächsten Jahrzehnten Rechnung trägt. Jede nachträgliche Erweiterung wird teurer, als es von Anfang an richtig zu machen. Das Multimediabudget an den Schulen von 50.000 Euro wird im Rahmen des Digitalpakts abgelöst und durch einen fünffach höheren Betrag ersetzt. Hoffen wir, dass sich die Koalition in Berlin darauf verständigt, diesen Digitalpakt zu verstetigen. Die Entwicklung des Bürgerpark Grüne Mitte schreitet auch im kommenden Jahr voran. Der erste Bauabschnitt ist so gut wie abgeschlossen. So konnten unter anderem die Bereiche, die aus dem Jugend-Hearing entstanden sind, bereits verwirklicht werden. Mit Blick auf die Kostensteigerungen der letzten Jahre, gerade im Tiefbau, müssen die Maßnahmen des zweiten Bauabschnitts genau unter die Lupe genommen werden. Grundsätzlich aber stehen wir zum Bauabschnitt zwei. Für das zentrale Feuerwehrgerätehaus liegt jetzt eine konkrete Machbarkeitsstudie vor, die zeigt, wie ein Gebäude mit den äußerst schwierigen Rahmenbedingungen funktionieren kann. Der nächste Schritt ist der dafür notwendige Grunderwerb. Die Mittel dafür sind im Haushalt enthalten.  Auch in der Strümpfelbacher Straße stehen 2020 konkrete Investitionen an. Die Aufnahme in das Landessanierungsprogramm verleiht der gesamten Maßnahme Schwung. Hier gilt es durch den Umbau, den Einzelhandel zu stärken. Eine funktionierende Einkaufsstraße ist in Zeiten des Onlinehandels sicher keine Selbstverständlichkeit. Statt den Fokus weiterhin auf den Autoverkehr zu legen, muss hier ein neues Miteinander von Autofahrern, ÖPNV, Radfahrern und Fußgängern geschaffen werden.

Das neue Miteinander sollte auch zum Leitbild für die gesamte Stadt werden. Eine Entflechtung der Verkehre ist aufgrund von Topographie und baulichen Voraussetzungen oft gar nicht möglich – und auch nicht notwendig. Das bedeutet aber auch, dass Verkehrsraum, der heute ausschließlich den Autos zur Verfügung steht, zukünftig mit anderen Verkehrsteilnehmern geteilt wird. Radfahrer sollen nicht länger Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse sein. Das im Haushaltsplanentwurf eingeplante Mobilitätskonzept für das gesamte Stadtgebiet macht dann Sinn, wenn daraus konkrete Maßnahmen abgeleitet werden. Wir möchten daran erinnern, dass es für den Radverkehr in Endersbach bereits ein ausgearbeitetes Konzept gibt. Leider ist hier nichts weiter geschehen. So wie es scheint, wird vom Kreis nun ernsthaft ein Radschnellweg durch das Remstal in Angriff genommen. Diese Initiative begrüßen wir sehr. Die Aufgabe von Weinstadt wird es dann sein, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten und alle Ortsteile bestmöglich an diese neue Trasse anzubinden. Mit sehr großer Aufmerksamkeit verfolgen wir auch die Bemühungen des Jugendgemeinderats, gerade die Schulradwege zu attraktiveren. Der Fokus liegt hier auf der Beleuchtungssituation. Mit den Solarleuchten in Schnait können nächstes Jahr Erfahrungen gesammelt werden, die dann im darauffolgenden Jahr in weitere Maßnahmen an den anderen Schulwegen einfließen können. Auch sonst möchten wir uns bei allen Jugendgemeinderätinnen und Jugendgemeinderäten für ihre aktiven Einsatz für die Jugendlichen in Weinstadt bedanken.

Ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr hilft sowohl der Umwelt, als auch dem Weinstädter Verkehr. Da geht es aber auch um Teilhabe am öffentlichen Leben, von Leuten die kein Auto haben oder kein Auto fahren können. Unser Antrag für ein vergünstigtes Weinstadt Ticket ist zuletzt leider abgelehnt worden. Gerne unterstützen wir die Initiative des Stadtseniorenrats für einen Bürgerbus für Seniorinnen und Senioren.

Im Wohnungsbau kommt den Kommunen eine besondere Verantwortung zu. Erst im November wurde der neue f+b-Mietspiegelindex veröffentlicht. Nicht nur hat Stuttgart jetzt erstmals München überholt. Sondern auch Weinstadt hat es, wie ein Dutzend anderer Kommunen im Speckgürtel von Stuttgart auch, wieder in die Top 30 der teuersten deutschen Städte geschafft. Die erste Schlussfolgerung könnte lauten: Weinstadt ist eine attraktive Wohnstadt. Der Spitzenplatz von Stuttgart und den umliegenden Kommunen heißt aber auch, dass das Angebot an Wohnraum bei Weitem nicht der Nachfrage entspricht. Das ist der Punkt, an dem die Kommunen ins Spiel kommen. Denn sie müssen, dafür sorgen, dass Wohnraum entsteht – neue Baugebiete, verdichtetes Bauen und Bereitstellen von sozial gefördertem Wohnraum. Da erscheint es geradezu verantwortungslos, bestehende Baulücken, die sich in der Hand der Stadt befinden, nicht auch entsprechend zu bebauen. Die Probleme der Nachverdichtung sind nicht kleinzureden – Parkprobleme, zusätzlicher Verkehr und eine zugebaute Aussicht bzw. Grünflächen werden in diesem Zusammenhang praktisch bei jedem größeren Bauprojekt angeprangert. Ich möchte hier aber auch für Verständnis in der Anwohnerschaft eines solchen Nachverdichtungsprojekts werben, sicheren Wohnraum, den sie selbst in der Regel haben, auch anderen zuzugestehen. Die gesamte Gesellschaft muss hier ihren Beitrag dazu leisten, dass die Mieten wieder ein ordentliches Niveau erreichen. Damit sind auch die Bauträger gemeint, die von der aktuellen Lage in besonderem Maße profitieren. Durch die Sozialquote werden auch sie dazu verpflichtet, sozial geförderten Wohnraum in Weinstadt bereitzustellen. Es widerspricht unserer Überzeugung, dass Gewinne ausschließlich privatisiert werden, während die Gesellschaft die Verluste trägt.

Ein ganz konkretes Projekt können wir uns auf dem Cabrio-Areal vorstellen. Hier können auf einem städtischen Grundstück günstige und barrierefreie Wohnungen für Senioren, aber auch für Familien entstehen.

Auch 2020 wird ein spannendes Jahr mit vielen Herausforderungen. Lassen Sie uns bei allen Entscheidungen die Nachhaltigkeit im Blick haben – sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Eine lebenswerte Stadt folgt dann von allein.

Vielen Dank an Herrn Oberbürgermeister Scharmann und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Julian Künkele, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion

Ortsverein Weinstadt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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